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EVOK: Echtzeit Vor-Ort-Aufklärung und Einsatzmonitoring

Bei Geiselnahmen und ähnlichen Situationen wird ein schnelles und professionelles Handeln der Einsatzkräfte insbesondere in Gebäuden dadurch erschwert, dass lediglich den Straftätern das räumliche Umfeld gut bekannt ist. Einer möglichst akkuraten und umfassenden Lageaufklärung kommt daher eine entscheidende Bedeutung für den Einsatzerfolg zu. Im Projekt EVOK soll deshalb ein System zur echtzeitfähigen Lagedarstellung erarbeitet werden, das die Erstellung eines 3D-Modells der Gebäudeumgebung während eines laufenden Einsatzes erlaubt. Neben speziellen Softwarealgorithmen werden auch einsatztaugliche Sensoren so angepasst, dass sie sowohl an autonomen Aufklärungssystemen als auch an der Ausrüstung der Spezialkräfte montiert werden können.   

Ein echtzeitfähiges Lagedarstellungssystem kann im Einsatz eine entscheidende Hilfe sein.
© LKA Sachsen-Anhalt

In den letzten Jahren sind die Anforderungen an die Sicherheitsbehörden zur Gewährleistung der inneren Sicherheit enorm gestigen. Das gilt im Besonderen für Bedrohungsszenarien aus dem Bereich des Terrorismus. Dies belegen beispielsweise die Anschläge in Frankreich/Paris („Charlie Hebdo“; „Konzerthalle La Bataclan“), Belgien/Brüssel („Sprengstoffanschlag Flughafen“) und Deutschland/Ansbach („Sprengstoffanschlag Ansbach-Open-Festival“). Zusätzlich beeinträchtigten Amoktaten und Geiselnahmen die zivile Sicherheit erheblich.

In solchen Situationen müssen sich die Einsatzkräfte möglichst schnell einen Überblick über die Lage machen und dabei viele unbekannte Faktoren einbeziehen. So ist die Anordnung der Räume, Fenster und Türen sowie der Standort aller Einsatzkräfte besonders wichtig. Ziel des vom BMBF geförderten Projektes „Echtzeit Vor-Ort-Aufklärung und Einsatzmonitoring (EVOK)“ ist es daher, ein System zu entwickeln, das die Einsatzumgebungen in Gebäuden dreidimensional in Echtzeit abbildet. Dies ermöglicht den Einsatzkräften der Spezialeinsatzkommandos im Einsatzfall eine unmittelbare Erzeugung von Umgebungskarten sowie 3-Dimensionalen-Visualisierungen von Gebäuden mit Positionsangabe der Einsatzkräfte. Die Kartenerzeugung kann selbstverständlich auch im Vorfeld bei einer generellen Gefährdung erfolgen, zum Beispiel für Justizvollzugsanstalten. Mit den präventiv erzeugten Karten können eigene und auch Fremdkräfte grundsätzlich besser in die Lage eingewiesen werden.    

Durchbruch mit Mixed-Reality

Beamter in Schutzausrüstung mit Bildschirm am Handgelenk
Bild 2: Spezialeinsatzkraft mit dem EVOK System. Über die Mixed-Reality-Brille wird die Umgebung erfasst. Auf dem Smartphone werden anschließend bei Bedarf alle Objekt- und Lokalisationsinformationen dargestellt.  © LKA Sachsen-Anhalt

Zum jetzigen Zeitpunkt müssen solche Objekt- und Lokalisationsinformationen bislang verbal kommuniziert werden. Dies führt nicht nur bei großen Gebäuden zu unterschiedlichen Vorstellungen der Umgebungsbedingungen, sondern kann auch zu Fehleinschätzungen führen. Ein visualisiertes 3D-Modell sorgt für eine bessere Vergegenwärtigung der Einsatzlage. Hierfür erheben im EVOK-Projekt gleich mehrere Systeme die notwendigen 3D-Daten, welche in Echtzeit zu einem gemeinsamen Modell zusammengeführt werden. Dieses Modell wird anschließend um die Positionen der Einsatzkräfte und weitere für den Einsatz wichtige Informationen ergänzt. Die so aufbereiteten Objekt- und Lokalisationsinformationen werden im Leitstand sowie auf den mobilen Geräten der Spezialeinsatzkräfte dargestellt.

Technisch war dies bisher praktisch nicht möglich. Ende 2016 wurde aber mit den ersten sogenannten „Mixed-Reality-Brillen“ ein technologischer Durchbruch erreicht. Die kompakten Geräte ermöglichen die Darstellung von holografischen Inhalten in der Realität - sie legen also ähnlich wie ein Head up-Display Projektionen über die Realität. Für welche weiteren funktionalen Möglichkeiten solcher Datenbrillen zukünftig genutzt werden können, wird im weiteren Verlauf des Projektes noch erforscht.

Ausblick und Auszeichnungen

In den nächsten Monaten stehen Feldversuche unter realistischen Bedingungen an. Unter „Laborbedingungen“ konnte EVOK bereits Erfolge vermelden: Die wesentlichen räumlichen Informationen wie Wände, Decken und Fußböden konnten bereits gut erkannt werden. Nun folgt die Weiterentwicklung, um Türen und Fenster noch besser zu erkennen und abbilden zu können.

Eine Frau und fünf Männer
Bild 4: Das EVOK-Projektteam (von links): Maria Mendat (LKA), Marco Filax, OvGU (Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg), Prof. Thomas Leich, METOP (Mensch-Technik-Organisation-Planung GmbH), Stephan Dassow (METOP), Ralf Heidrich (LKA) und Prof. Frank Ortmeier (OvGU). © Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

Vor kurzem wurde das Projekt mit dem Hugo Junkers Preis 2020 geehrt, den das Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung des Landes Sachsen-Anhalt jährlich für zukunftsweisende Innovationen aus Wissenschaft, Industrie und Handwerk vergibt.

In der Kategorie „Innovativste Projekte aus dem Bereich „Applied Interactive Technologies (APITs)“ konnte sich das Projektteam in einem mehrstufigen Juryverfahren durchsetzen und wurde mit dem 1. Platz belohnt.

Weiterführende Informationen zum Verbundprojekt

Förderkennzeichen  13N14805 bis 13N14807

Projektlaufzeit 02/2019 – 01/2022

Projektumriss EVOK (pdf-Datei) (PDF, 281KB, Datei ist barrierefrei⁄barrierearm)