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KOKOS: Unterstützung der Kooperation mit freiwilligen Helfern in komplexen Einsatzlagen

Die Bewältigung komplexer Schäden, zum Beispiel nach Stürmen oder Hochwasser, erfordert eine Vielzahl von Hilfeleistungen und Aufräumarbeiten. Parallel zur Arbeit der professionellen Einsatzkräfte bilden sich zunehmend Selbsthilfegemeinschaften von Bürgerinnen und Bürgern, die eigenständig Hilfsmaßnahmen durchführen. Die Verbundpartner im Projekt KOKOS erarbeiteten Konzepte und Modelle, um die Öffentlichkeit als aktiven Partner in das Krisenmanagement einzubeziehen. Sie untersuchten, wie insbesondere Vereine oder Zusammenschlüsse von Unternehmen die Schadensbewältigung unterstützen können, indem sie technische Ressourcen, Räume zur Verfügung stellen bzw. Helferinnen und Helfer mobilisieren.

Freiwillige Helfer
Freiwillige Helfer © Enrico Di Cino/Fotolia.com

Die Zusammenarbeit zwischen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) und der Bevölkerung gestaltet sich in Schadenslagen nicht immer einfach. Obwohl die helfenden Hände oft dringend benötigt werden, stellt die Koordination und Steuerung der spontanen Helferinnen und Helfer die BOS vor große Herausforderungen: Die Anzahl der Helfer ist in der Regel nicht planbar und ihre Qualifikationen und Ausbildungen unbekannt.

Im Forschungsprojekt KOKOS, das von der Universität Siegen koordiniert und gemeinsam mit der Universität Stuttgart und der Vomatec Innovations GmbH durchgeführt wird, wurde das Konzept der Mittlerorganisation erarbeitet. Diese sollen die Einbindung der Bevölkerung organisieren, strukturieren und koordinieren - ohne die Ressourcen der BOS zusätzlich zu strapazieren. Wie die Zusammenarbeit mit einer Mittlerorganisation funktioniert, wird in den nun erscheinenden Handlungsleitfäden beschrieben. Zusätzlich wurde ein IT-System mit öffentlicher Display-Anwendung und einer speziellen App zum Austausch von Hilfeangeboten und -nachfragen entwickelt, das auf der Kieler Woche im Juni 2018 vorgestellt wurde.

Der gesellschaftliche und mediale Wandel macht auch vor den Strukturen des Katastrophenschutzes nicht Halt. Bedingt durch eine alternde Gesellschaft, die Aussetzung des Wehr- und Zivildienstes und steigende Belastungen in Beruf und Familie geht das Interesse an einer längerfristigen Bindung an ein Ehrenamt vielerorts zurück. Diese Entwicklung ist jedoch nicht mit einem generellen Desinteresse der Bevölkerung an gesellschaftlichem Engagement gleichzusetzen. Bei Schadensereignissen wie dem Jahrhunderthochwasser in Süd- und Ostdeutschland 2013 oder in der Flüchtlingshilfe im Sommer 2015 haben sich ungebundene Helferinnen und Helfer vielerorts schnell und teils in großer Zahl zusammengetan, um Sandsäcke zu füllen oder Feldbetten für Flüchtlinge aufzubauen. Häufig lief die Kommunikation über spontane Aufrufe in sozialen Medien wie Facebook oder Twitter ab. Dieses Engagement ist gesellschaftlich wünschenswert, stellt die BOS jedoch vor die Herausforderung die spontanen Helfer zu koordinieren, zu steuern und in die eigene Arbeit einzubinden. Einige BOS können diesen Koordinations- und Steuerungsaufwand jedoch aufgrund von ohnehin knappen Ressourcen kaum leisten.

Damit die Zusammenarbeit in Schadenslagen dennoch gelingt, wurde in dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt KOKOS das organisatorische Konzept der Mittlerorganisation sowie neue IT-Werkzeuge entwickelt, die eine ressourcenschonende Einbindung der Bevölkerung als aktive Partner in das Krisenmanagement unterstützen und dabei die Möglichkeiten von neuen Medien nutzen. Das Konzept der Mittlerorganisation beschreibt eine Form der Einbindung zivilgesellschaftlicher Akteure in den Katastrophenschutz, bei dem die Koordination der Helferinnen und Helfer von den BOS an die Mittlerorganisation ausgelagert wird. Die Mittlerorganisation übernimmt dabei die Aufgabe, bereits vorhandenes zivilgesellschaftliches Engagement zu strukturieren und zu koordinieren und eine Anlaufstelle für neu entstehendes Engagement zu schaffen. Sie unterstützt damit die professionelle Einbindung von niedrigschwelligen Formen gesellschaftlichen Engagements in den Katastrophenschutz, ohne die Ressourcen der BOS zusätzlich zu belasten. Was eine Mittlerorganisation genau ist, welche verschiedenen Formen es gibt, wie die Zusammenarbeit mit den BOS idealerweise gestaltet wird und was es rechtlich und organisatorisch zu beachten gilt, fassen die nun veröffentlichten Handlungsleitfäden für BOS und (werdende) Mittlerorganisationen zusammen. Diese stehen online kostenfrei zum Download zur Verfügung.

Neben organisatorischen Hilfsmitteln wurden auch technische Hilfsmittel entwickelt, um die Einbindung der Bevölkerung als aktiven Partner in das Krisenmanagement zu unterstützen. In der sozialen Plattform SiRena, die ursprünglich nur den BOS vorbehalten war, können sich nun auch freiwillige Helfer austauschen und als Mittlerorganisation formieren. Zur Koordination von Maßnahmen steht auf der SiRena-Plattform eine Lagekarte zur Verfügung, mit der Aufgaben auf die freiwilligen Helferinnen und Helfer verteilt werden können. Dafür wurden im Projekt eine öffentliche Display-Anwendung und eine spezielle KOKOS-App entwickelt. Die Aufgaben können so nun auch von der Zivilbevölkerung direkt über die öffentlichen Displays und die App eingetragen werden - ähnlich wie bei eBay-Kleinanzeigen. Zusätzlich können über die App ortsbezogene Nachrichten verbreitet werden, die nur KOKOS-App-Nutzerinnen und Nutzer innerhalb des eingestellten Umkreises erhalten. Außerdem können Informationen aus Social Media auf der Karte dargestellt werden, um die Lageinformationen anzureichern. Die App und die öffentlichen Geräte, die an geeigneten Stellen im Stadtgebiet verteilt werden, sollen so auch im Infrastrukturausfall zur Verbreitung von wichtigen Informationen beitragen.

Ziel der in KOKOS entwickelten organisatorischen und technischen Werkzeuge ist es, BOS darin zu un-terstützen und sie dazu zu befähigen, die Zusammenarbeit mit der Bevölkerung aktiv anzugehen und erfolgreich zu gestalten. Die Handlungsleitfäden für BOS werden auch über die Laufzeit des Projekts hinaus zur Verfügung stehen und sollen in die Ausbildungsinhalte z. B. an der AKNZ einfließen. Bei Bedarf können BOS auch darin beraten werden, die Strukturen und Voraussetzungen zu schaffen, um mit einer Mittlerorganisation und ihren Helferinnen und Helfern zusammenzuarbeiten. Außerdem werden große Teile der IT-Systeme, wie z.B. die öffentlichen Displays, zum Projektende als Open Source-Lösung bereitgestellt.

   

Weitere Informationen zum Verbundprojekt

Förderkennzeichen: 13N13559 bis 13N13561

Projektlaufzeit: 05/2015 - 09/2018

Projektumriss KOKOS (PDF, 86KB, Datei ist nicht barrierefrei) 

    

Abschlussberichte der Teilvorhaben:

Teilvorhaben 13N13559 - Interaktionswerkzeuge und mediale Konzepte kollaborativer Resilienz (Universität Siegen)

Teilvorhaben 13N13560 - Einbeziehung gesellschaftlicher Strukturen in das Krisen- und Katastrophenmanagement (Universität Stuttgart)

Teilvorhaben 13N13561 - Softwareunterstützung für Koordination und Informationsaustausch (VOMATEC Innovations GmbH, Bad Kreuznach)