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RIKOV: Risikomanagementsystem bei terroristischen Bedrohungen des schienengebundenen Personenverkehrs

Am Beispiel des schienengebundenen Personenverkehrs wurde erforscht, wie kritische Infrastrukturen durch ein ganzheitliches Risikomanagement besser vor terroristischen Anschlägen geschützt werden können. Das Projekt zielte darauf ab, im Spannungsfeld zwischen dem technisch und organisatorisch maximal Erreichbaren, dem wirtschaftlich Sinnvollen und dem juristisch Zulässigen, eine unter gesellschaftlichen und ethischen Gesichtspunkten akzeptable Lösung für ein ausgewogenes Konzept von Sicherheit und Freiheit zu entwickeln.

Der schienengebundene öffentliche Personenverkehr (ÖPV) wird als offenes System mit vielen Zugängen und wenigen Zugangskontrollen geschätzt und täglich von tausenden Menschen genutzt. Terroranschläge auf öffentliche Verkehrsnetze, wie der versuchte Anschlag auf dem Bonner Hauptbahnhof 2012, Mumbai 2006, London 2005 oder auch Madrid 2004 haben gezeigt, welche katastrophalen Folgen solche Anschläge haben können. Zu diesen Folgen zählen vor allem hohe Opferzahlen, aber auch erhebliche wirtschaftliche Schäden. Eine zentrale Ausgangsfrage für die Entwicklung innovativer Sicherheitslösungen war daher, mit welchen Gefahren sich ÖPV-Betreiber vor diesem Hintergrund auseinandersetzen müssen. Die zweite Frage des Projekts war, wie sich die Betreiber im Bereich der Prävention und Gefahrenabwehr frühzeitig auf solche Krisensituationen vorbereiten können.

Die Partner des Forschungsprojekts „Risikomanagement bei terroristischen Bedrohungen des schienengebundenen Personenverkehrs (RiKoV)“ analysierten unter Koordination der Universität der Bundeswehr München die Risiken und Kosten, die im schienengebundenen ÖPV durch terroristische Bedrohungen entstehen können. Ziel war es, einen umfassenden, ganzheitlichen Ansatz für das Risikomanagement und die strategische Planung in kritischen Verkehrsnetzen zu entwickeln. Dazu erarbeiteten die Verbundpartner mehrere Demonstratoren, die eine IT-basierte Entscheidungsunterstützung im Bereich kritischer Infrastrukturen erleichtern sollen und damit die Resilienz dieser Systeme erhöhen können.

Das Forschungsprojekt wurde koordiniert durch den Lehrstuhl für Operations Research an der Universität der Bundeswehr München. Weitere Projektpartner waren das Institut für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr an der Fachhochschule Köln, das Airbus Defence & Space Systems Design Centre, das Institut für Kern- und Energietechnik sowie das Institut für Industriebetriebslehre und Industrielle Produktion am Karlsruher Institut für Technologie.

Durch die Analyse terroristischer Bedrohungen des öffentlichen Personenverkehrs und die eingehende Auswertung der bisherigen Fälle wird ein besseres Verständnis für die Folgen von Anschlägen im öffentlichen Personenverkehr ermöglicht. Auf Basis entsprechender Simulationen und operationsanalytischer Bewertungen haben die Forschungspartner von RiKoV einen Demonstrator entwickelt. Mit diesem können Konsequenzen von Terroranschlägen unter Berücksichtigung möglicher Angriffs- und Abwehrpläne sowie das potenzielle Verhalten von Angreifern und Sicherheitskräften aufgezeigt werden.

In einem weiteren, im Projekt entwickelten Demonstrator, ist zudem eine spezielle szenario-basierte Risikobewertungsmethode integriert, mit der das Risiko unterschiedlicher Abläufe von potenziellen terroristischen Ereignissen evaluiert werden kann. Zusätzlich können über eine Wirkungsanalyse Sicherheitsmaßnahmen nach Kosten und Nutzen ausgewählt und für die Beschaffung und Planung optimiert werden.

Für eine Validierung dieser Ergebnisse führte das Institut für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr der Fachhochschule Köln (IRG) am 30. und 31. Mai 2015 gemeinsam mit den RiKoV-Partnern eine Realübung in Köln durch. In einer realistischen Testumgebung mit 100 studentischen Statisten wurden dabei die in der dreijährigen Projektlaufzeit entwickelten theoretischen Methoden und Ergebnisse überprüft. In der Übung wurde auch die Zusammenarbeit mit den Einsatzkräften der Feuerwehr, des Rettungsdienstes, der Polizei, des Ordnungsamtes und der Kölner Verkehrs-Betriebe AG trainiert. Dazu wurde ein terroristisches Anschlagszenario mit Patientendarstellern in einer U-Bahnhaltestelle nachgestellt. Die Auswertung der Übungsergebnisse sollte auch weiteren Aufschluss geben über künftige Ansätze im Risiko- und Krisenmanagement von kritischen Infrastrukturen.

Im Rahmen des Forschungsprojekts RiKoV wurden Sicherheitsmaßnahmen nicht nur unter Kosten- und Wirksamkeitsgesichtspunkten, sondern auch in Bezug auf ihre gesellschaftliche Akzeptanz betrachtet. Empfohlene Sicherheitsmaßnahmen werden im Rahmen einer rechtwissenschaftlichen Bewertung daraufhin überprüft, ob sie bei ihrer Realisierung höchste ethische und rechtliche Maßstäbe erfüllen. Zahlreiche Publikationen und Präsentationen auf Fachkonferenzen belegen die aktuelle Relevanz dieser Untersuchungen.

Es ist davon auszugehen, dass die Erkenntnisse von RiKoV auch in anderen sensitiven Bereichen Eingang finden werden. Die Arbeiten des Projektteams sind nicht auf den Sonderfall von Terroranschlägen beschränkt. Sie können generell als prototypische Herangehensweise angesehen werden, um kritische Infrastrukturen auf plötzlich eintretende Schäden vorzubereiten und resilienter zu gestalten.

    

Weiterführende Informationen zum Verbundprojekt

Förderkennzeichen   13N12304 bis 13N12308

Projektumriss RIKOV (PDF, 96KB, Datei ist nicht barrierefrei)

   

Abschlussberichte der Teilvorhaben:

Teilvorhaben 13N12304: Kostenschätzung, Realisierungsplanung der Sicherheitsmaßnahmen sowie Integration, Test und Validierung (Universität der Bundeswehr München)

Teilvorhaben 13N12305: Ingenieurmässige Risikobeurteilung, Entwicklung von Sicherheitsmaßnahmen und deren Validierung (Technische Hochschule Köln)

Teilvorhaben 13N12306: Entwicklung eines robusten transparenten Risikomanagementsystems durch szenariobasierte Mehrzielentscheidungsunterstützung (Karlsruher Institut für Technologie (KIT))

Teilvorhaben 13N12307: Risikomanagement und Risikobewertung mit Hilfe von szenarienbasierten multikriteriellen Methoden und Wissensdatenbanken (Institut für Kern- und Energietechnik (IKET)) 

Teilvorhaben 13N12308: Operationsanalyse und Systemvorbereitung (Airbus Defence and Space GmbH - Cassidian - System Design Centre, Immenstaad)