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SEE-2L: Sicherheit elektrochemischer Energiespeicher in Second Life-Anwendungen

Wenn Akkus von Elektroautos nur noch über 80% ihrer ursprünglichen Leistung verfügen, werden sie ausgemustert. Doch für diese Akkus gibt es ein zweites Leben: Sie werden zu großen Energiespeichern kombiniert. Über die Langzeitstabilität und das Brandrisiko dieser großen Energiespeicher aus mehreren großen LithiumIonen-Akkus ist jedoch wenig bekannt. Schon das Löschen von Akku-Bränden in Elektroautos ist eine Herausforderung für die Feuerwehr. Im Projekt SEE-2L werden die Langzeitstabilität und die Ursachen für unkontrollierte Brände sowie Löschmöglichkeiten großer Lithium-Ionen-Speicher untersucht.

Die große Batterie in der Zweitverwertung
© Zaiets Roman - stock.adobe.com

Sicherheitsrisiko Batterien – Demonstrator aus dem Projekt SEE-2L bereits im Einsatz

Lithium-Ionen-Batterien (LIB) werden zunehmend sowohl für den gewerblichen als auch den privaten Gebrauch eingesetzt – stationär und mobil. Für Einsatzkräfte bergen LIB allerdings Gefahren, die noch wenig bekannt sind. Ein weltweit einmaliger Demonstrator erlaubt ab sofort Versuche im Groß- und Realmaßstab zum thermischen Durchgehen von Batteriespeichern. Mit den Forschungsergebnissen kann eine belastbare Risikoabschätzung von Batteriespeichern erfolgen.

Gefahr für Einsatzkräfte

Weder ist das chemikalische oder physikalische Verhalten von LIB in der Breite bekannt, noch ist ein angemessener Umgang mit Batterien allen Einsatzkräften geläufig. Das extreme Brandverhalten in Verbindung mit entsprechend aufwändigen Löscharbeiten, die Produktion toxischer Gase und die mögliche Entstehung explosiver Atmosphären stellen eine große Herausforderung dar.

Risikobewertung Batterien und Demonstrator zur Schulung von Einsatzkräften

Neben vielen Einzelergebnissen konnte das Projekt „Sicherheit elektrochemischer Energiespeicher in Second Life-Anwendungen“ (SEE-2L) vor allem in zwei Bereichen mit zentralen Ergebnissen überzeugen.

Zum einen entstand auf dem Testgelände für Technische Sicherheit der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) ein Demonstrator für Versuche im Groß- bzw. Realmaßstab. In ersten Versuchsreihen wurden dabei grundlegende Erkenntnisse über das Verhalten von Batterien beim sogenannten thermischen Durchgehen („Thermal Runaway“) ermittelt.

Versuch zum thermischen Durchgehen eines 2,65-kWh-Automobilantriebsmodul im Demonstrator.
Versuch zum thermischen Durchgehen eines 2,65-kWh-Automobilantriebsmodul im Demonstrator. © BAM

Hervorzuheben ist hierbei, dass stationäre (Second-Life) Energiespeicher im Fokus des Projekts standen; diese können von Hausspeichern bis Großspeicher reichen. Es ist davon auszugehen, dass zukünftig gerade größere stationäre Energiespeicher vor allem die Feuerwehren und Einsatzkräfte stärker beschäftigen werden, als es momentan beispielsweise die Elektrofahrzeuge tun. Diese Forschungsdaten sind deshalb äußerst wichtig, um eine belastbare Risikobewertung von Batterien vornehmen zu können. Die Ergebnisse der ersten Versuchsreihen wurden bereits publiziert (Tschirschwitz, R., Bernardy, C., Wagner, P., Rappsilber, T., Liebner, C., Hahn, S.-K., Krause, U. „Harmful effects of lithiumion battery thermal runaway: scale-up tests from cell to second-life modules“. RSC Adv. 2023/13, 20761-20779, DOI D3RA02881J).
Zum anderen wurde im Projekt ein mobiler Versuchsstand für „kleinere“ Versuche, beispielsweise mit LIB von Mobiltelefonen, entwickelt. Hiermit kann den Einsatzkräften das Verhalten der Batterien bei der Zufuhr von höheren Temperaturen anhand einer Vielzahl unterschiedlicher Sensoren gezeigt und effektive Umgangsweisen vermittelt werden.

Mobiler Versuchsstand mit Feuerwehrauto IdF NRW
Mobiler Versuchsstand mit Feuerwehrauto IdF NRW © IdF NRW

Die Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb) und das Institut der Feuerwehr Nordrhein-Westfalen (IdF NRW) haben hierzu ein Schulungskonzept für Einsatzkräfte entwickelt. Ziel ist es, den mobilen Versuchsstand für die Ausbildung sowie die Weiterbildung von Einsatzkräften am IdF NRW zu nutzen. Unter großem Interesse von Expertinnen und Experten sowie der Presse wurde der mobile Versuchsstand im Mai 2023 eingeweiht und in Betrieb genommen.

Reale Umsetzung der Ergebnisse

Der Demonstrator des Projekts SEE-2L auf dem Testgelände der BAM ist derzeit bereits im aktiven Vesuchsbetrieb. Der mobile Versuchsstand am IdF NRW befindet sich noch in der Feinabstimmung, um ihn zukünftig in eine erlebbare Ausbildung für Einsatzkräfte zu integrieren. Die vfdb wird hierbei alle Ergebnisse innerhalb und außerhalb des Verbandes allen Interessierten in Form eines Merkblatts zur Verfügung stellen. Zudem können die Erkenntnisse zur Batterieforschung durch die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und der BAM dazu beitragen, das Risiko von LIB besser einzuschätzen und so die Sicherheit von Einsatzkräften zu erhöhen.
Das Forschungsvorhaben SEE-2L wurde vom BMBF im Rahmen der Förderrichtlinie „Stärkung des Technologie- und Innovationstransfers durch Forschung und Entwicklung für Großversuche, Demonstration, Aus- und Weiterbildung in der zivilen Sicherheitsforschung“ gefördert. Projektpartner waren die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, die vfdb, die BAM sowie das IdF NRW im Unterauftrag.

Autorinnen und Autoren: Dr. Sarah-K. Hahn, Alexander Saupe, Dr. Rico Tschirschwitz, Marvin Janßen, Prof. Ulrich Krause

Weitere Informationen: Pressematerialien finden Sie auf der Seite der vfdb. Film 1, Film 2 und Film 3 zum thermischen Durchgehen eines Batteriemoduls im Projekt SEE-2L (Demonstrator auf dem BAM Testgelände) finden Sie auf dem Youtube-Kanal der BAM.

Weitere Informationen zum Verbundprojekt

Förderkennzeichen 13N15492 bis 13N15494
Projektlaufzeit: Januar 2021 – April 2023
Projektumriss SEE-2L

SEE-2L Video 1

Thermisches Durchgehen eines Batteriemoduls im Projekt SEE-2L

Weitere Aufnahmen finden Sie rechts in der Marginalspalte in der Rubrik "Videos".